Wien/Salzburg - Die geplante 290 Kilometer lange Tauerngasleitung von Bayern über Oberösterreich, Salzburg und Kärnten nach Italien kommt nicht. Das 1,4 Milliarden Euro teure Vorhaben haben die Eigentümer der Projektgesellschaft am Donnerstag bei einer Sitzung in Wien abgeblasen. Grund sind die EU-Unbundling-Regeln, die Versorgern Engagements bei Pipelines fast unmöglich machen - andere Investoren blieben aber aus.

"Die Planungen zur Tauerngasleitung werden eingestellt", erklärte die Projektgesellschaft TGL in einer Aussendung: "Eine weitere Finanzierung des Projekts wäre aufgrund der unklaren regulatorischen und gaswirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zu verantworten gewesen."

Das dritte Energiepaket der EU - bzw. die darauf basierende Novelle des heimischen Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) würden nämlich seit Ende 2011 eine "strenge Entflechtung" vorsehen, wird betont. Demnach dürfen vertikal integrierte Gasunternehmen, also Erdgashändler, -versorger, -speicherbetreiber oder -produzenten, "nicht oder nur unter strengen und im Einzelfall zu genehmigenden Auflagen gleichzeitig Gasfernleitungen betreiben", heißt es zur Erläuterung.

Investoren bleiben aus

Angesichts dessen haben die Gesellschafter der Tauerngasleitung GmbH - im wesentlichen E.ON/Ruhrgas und mehrere heimische Landesversorger (aus OÖ, Salzburg, Tirol, Kärnten und - via RAG - auch von NÖ) monatelang versucht, neue Gesellschafter als Partner zu gewinnen, um die Firmenstruktur gemäß Vorgaben des GWG zu verändern. Dabei zeigte sich laut TGL aber, "dass auf Grund der großen regulatorischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten für das Projekt mit einem Investitionsvolumen von 1,4 Mrd. Euro keine Interessenten für einen unmittelbaren Projekteinstieg gefunden werden konnten" - die auch bereit gewesen wären, die hohen Projekt- und Verfahrenskosten mitzutragen.

Abgesehen vom EU-Regime haben sich in den vergangenen Jahren auch die Finanzierungsmodalitäten geändert. Früher wurden solche Energie-Infrastrukturprojekte wie die TGL meist über langfristige Transportverträge mit Transportkunden finanziert, zuletzt setzten sich aber immer kurzfristigere Vertragslaufzeiten für solche Transportverträge durch.

Dadurch sei "das bisher übliche Finanzierungsmodell in Form einer Kreditbesicherung durch langfristige Transportverträge nicht mehr gegeben", so die TGL. Obwohl das der EU-Kommission bekannt sei, "konnte bis dato keine Rechtssicherheit für Investoren geschaffen werden", wird kritisiert. Ebenso seien die Ergebnisse einer regulatorischen Kostenanerkennung im Zusammenhang mit einer anteiligen Kostenübernahme durch die von der TAG profitierenden EU-Mitgliedsstaaten "derzeit nicht einschätzbar".

Die Eigentümer der Tauerngasleitung GmbH (TGL) beschlossen die Liquidierung der seit 2008 bestehenden Gesellschaft. Dem Vernehmen nach bleiben sie auf 15 bis 16 Mio. Euro Anlaufverlusten für die Planungsphase sitzen. Das sei für die Anteilseigner aber überschaubar, wurde der APA aus dem Eigentümerkreis erklärt, denn schließlich gehe es um einen Zeitraum von etlichen Jahren.

Hauptgesellschafter der TGL mit Sitz in Wals bei Salzburg ist mit 46,60 Prozent die deutsche E.ON/Ruhrgas (über die E.ON Global Commodities SE). Die Landesversorger von OÖ und Salzburg, die Energie AG Oberösterreich (EAG) und die Salzburg AG, sind mit je 17,93 Prozent dabei, die Kärntner Kelag mit 3,88 Prozent, die Tiroler Tigas mit 3,19 Prozent und die 50,05-prozentige EVN-Tochter Rohöl-Aufsuchungs AG (RAG) mit 10,48 Prozent.

Freude bei Anrainern und Bürgerinitiativen

Über das "Aus" für die Tauerngasleitung freuen werden sich Anrainergemeinden und Bürgerinitiativen. Vor allem im Bundesland Salzburg war der Widerstand heftig gewesen, speziell im Tennengau. Die alpenquerende Trasse sollte in Nord-Süd-Richtung von Burghausen am Inn in Richtung Arnoldstein/Tarvis an der italienischen Grenze verlaufen - mit einer möglichen Weiterführung nach Slowenien. Der Baubeginn war für 2015 geplant gewesen, Fertigstellung und Betriebsbeginn ab 2018. Die in OÖ, Salzburg und Kärnten laufenden "Vollständigkeitsprüfungen" im Rahmen der UVP-Verfahren werden beendet und die Anträge auf UVP-Genehmigung zurückgezogen.

Neben Anschlüssen an die starken Erdgasnetze von Deutschland und Italien wurde der Gaspipeline mit einem geplanten Durchmesser von 900 Millimetern (0,9 Meter) eine wesentliche Bedeutung aufgrund der unmittelbaren Nähe zu großen Erdgasspeichern und LNG-Terminals im Herzen Europas zugesprochen.

Die Leitung sollte als Verbindung des mitteleuropäischen Erdgasnetzes und Österreichs mit der Mittelmeerregion und den Erdgasmärkten in Italien und Südosteuropa zur langfristigen Absicherung der heimischen und europäischen Erdgasversorgung beitragen. Die gesamteuropäische Bedeutung des Projekts war seinerzeit auch durch die Aufnahme in die Transeuropäischen Energienetze (TEN-E) durch die EU-Kommission bestätigt worden. Als Transportkapazität der TAG waren 1,3 Mio. m3 pro Stunde in beide Richtungen vorgesehen.  (APA, 3.4.2014)