Ursprünglich war der Marina Tower als Büroturm geplant, nun wird er 140 Miet- und 500 Eigentumswohnungen beherbergen.

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Mit den Bauherren der Danube Flats an der Reichsbrücke hat die Stadt heuer erstmals "städtebauliche Verträge" abgeschlossen, die sie zu Infrastrukturmaßnahmen verpflichten.

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Im bis zu 65 Meter hohen Projekt "MySky" am Monte Laa errichtet die WBV-GPA auf den ersten zehn Etagen 100 geförderte Mietwohnungen, 35 "Smart Homes" und ein Studentenheim, ab der elften Etage baut Strauss & Partner 128 Eigentumswohnungen.

Visualisierung: Sition

Türme gibt es in Wien schon jede Menge, doch die allermeisten sind reine Bürotürme. Einige wenige, aber durchaus markante Wohnhochhäuser sind in den vergangenen Jahrzehnten aber doch entstanden, beispielsweise das K6 am Matzleinsdorfer Platz, die Türme am Monte Laa, der Wohnpark Alt-Erlaa oder die kürzlich fertiggestellten Türme Citygate und Leopoldtower in Floridsdorf.

Der internationale Trend zum immer höheren Bauen von Wohnhäusern, der etwa auch deutsche Ballungsräume erfasst hat, macht nun aber auch vor Wien nicht Halt: Zahlreiche Projekte sind entweder in jüngster Zeit fertiggestellt worden oder werden gerade gebaut oder geplant.

Dieser Trend hat mehrere Gründe: einerseits die hohen Grundstückspreise, die Eigentum immer teurer machen und je Wohnung umso niedriger ausfallen, je mehr Wohneinheiten auf einem Baugrund entstehen. Andererseits trifft sich der Trend nach oben mit einem weiteren Trend der letzten Jahre, nämlich dem Wohnen am Wasser. Viele der aktuell geplanten oder schon in Bau befindlichen Wohntürme liegen an der Donau oder am Donaukanal (wo die Gründe wiederum teurer sind).

Strengere Regeln

Um die Entwicklung der Wohnhochhäuser besser zu lenken, hat die Stadt im Vorjahr ein neues "Fachkonzept Hochhäuser" beschlossen. Dieses definiert "Eignungszonen" für (Wohn-)Türme und schreibt potenziellen Bauherren von Gebäuden, die höher als 35 Meter und also Hochhäuser sind (siehe "Wissen"), strengere Regeln vor. Bevor eine Flächenwidmung geprüft werden kann, müssen Entwickler nun unter anderem eine Standort- und Sichtachsenstudie, ein Verkehrsgutachten sowie Analysen zu Wind und Beschattung erstellen lassen. Außerdem müssen sie einen "Mehrwert für die Öffentlichkeit" nachweisen.

Erarbeitet wurde das Hochhauskonzept von TU-Professor Christoph Luchsinger. Er hat die Leitlinien von 2002 stark überarbeitet und Wien in sechs Bereiche eingeteilt sowie definiert, welche Richtlinien jeweils gelten. So sind etwa im Bereich der "konsolidierten Stadt" (das sind im Wesentlichen die Innenstadt und angrenzende Gründerzeitviertel) andere Kriterien zu beachten als in den "südlichen Terrassen". Einer dieser Bereiche nennt sich auch "fluviale Stadtlandschaft" und definiert Richtlinien für den Hochhausbau entlang der Wasserläufe des Donaukanals, der Donau und der Alten Donau.

"Unpersönlich"

So viel zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. Eine andere Frage ist, ob die Wienerinnen und Wiener überhaupt in Wohntürmen leben wollen. Gründe, dies nicht zu wollen, gibt es doch einige: Die "unpersönliche, anonyme" Wohnsituation war etwa in einer jüngst in Deutschland veröffentlichten Studie über Wohnhochhäuser der am öftesten genannte Grund, warum sich Umfrageteilnehmer gegen den Bau von Wohntürmen aussprachen. Starke Bedenken gibt es oft auch wegen des Windes und der deshalb kaum benutzbaren (oder überhaupt fehlenden) Freiflächen. Für die Studie, erstellt von der Sition Property Marketing Gmbh mit Sitz in Düsseldorf, wurden im August 2015 etwas mehr als 2000 Deutsche über ihre Einstellungen befragt.

Alles in allem äußerten sich nur um die zehn Prozent der Befragten positiv zum Thema "Leben im Hochhaus". Eine satte Mehrheit von 78,8 Prozent antwortete, "überhaupt nicht gern" in einem Hochhaus mit mehr als 20 Etagen wohnen zu wollen. Allerdings wurde hier die Frage nach der "liebsten" Wohnsituation gestellt, die das "frei stehende Einfamilienhaus" haushoch gewann (79,7 Prozent).

Mehr als die Hälfte dagegen

Auf die Frage, ob man es sich "grundsätzlich" vorstellen könne, in einem Wohnhochhaus zu leben, fielen die Antworten schon differenzierter aus. 5,9 Prozent sagten "auf jeden Fall", weitere 9,9 Prozent "wahrscheinlich ja" – was die Studienautoren so zusammenfassen, dass sich "fast jeder Sechste" den Wohnturm vorstellen kann – zumindest dann, wenn es mit dem Einfamilienhaus nichts wird. Weitere 29,7 Prozent sagten "eventuell / kommt darauf an". Die knappe Mehrheit, nämlich 54,5 Prozent, antwortete hier aber immer noch mit einem mehr oder weniger klaren Nein.

Was die Studie außerdem zeigte: Männer sind eher hochhausaffin als Frauen. 28,8 Prozent der Männer (gegenüber 21,9 Prozent der Frauen) finden es "sehr positiv" oder "positiv", wenn in den nächsten Jahren mehr Wohntürme in deutschen Städten errichtet werden.

Für Wien existiert (noch) keine solche Studie. Die Wiener Wohnbauforschung hat aber Ende des vergangenen Jahres eine Untersuchung veröffentlicht, die sich mit den demografischen und sozialen Strukturen in vier bestehenden Wiener Wohntürmen befasst, die nach 2000 entstanden sind (Monte Verde Tower, Hochhaus Simmering, Hochstädtplatz und K6), sowie einem Turm aus den 70er-Jahren (Geiselbergstraße).

Türme für die Mittelschicht

Dabei zeigte sich, dass diese Wohnform primär für die Mittelschicht attraktiv ist. Nicht zuletzt aus Kostengründen würden Wohntürme eher an eine kaufkräftigere Bewohnerschaft adressiert, die die Wohnungen auch als Wertanlage betrachtet und andererseits die repräsentative Wirkung schätzt. Gleichzeitig existiere in allen Wohnhochhäusern eine vertikale soziale Differenzierung: oben die teuren Eigentumswohnungen und auch teure Mietwohnungen, nach unten hin sinkt dann aber tendenziell der Sozialstatus der Bewohnerinnen und Bewohner. Beeinträchtigungen durch Lärm, fehlende Aussicht, Lichtmangel oder Winde seien hier besonders ausgeprägt.

Gleichwohl wurde in der Befragung eine hohe Wohnzufriedenheit festgestellt, die sich auch in einer ausgeprägten Bleibeabsicht spiegelt sowie im Umstand, dass eine große Mehrheit das Wohnhochhaus auch Freunden und Bekannten weiterempfehlen würde. Als wichtigste Vorteile wurden von den Befragten die Aussicht und der Prestigewert genannt, als wichtigste Nachteile Beeinträchtigungen durch Außeneinflüsse (Wind, Hitze, Lärm), aber auch Sozialstress (Anonymität) sowie die teilweise erhebliche Kostenbelastung.

Vom STANDARD befragte Makler äußerten sich positiv, was den Wohnturm-Trend in Wien betrifft. Für ein internationales Publikum sei das ohnehin nichts Neues, sagten Sandra Bauernfeind (EHL Immobilien) und Richard Buxbaum (Otto Immobilien). Zunehmend würden sich auch Österreicher interessieren. Michael Gehbauer von der WBV-GPA, die das K6 gebaut hat und aktuell gemeinsam mit Strauss & Partner am Projekt "MySky" baut (siehe Bild oben), sieht in den Türmen eine "neue Qualität" am Wiener Wohnungsmarkt. "Stadtpsychologin" Cornelia Ehmayer weist aber auch darauf hin, dass Hochhausbewohner eher vereinsamen würden und generell öfter krank seien (siehe dazu auch Artikel). (Martin Putschögl, 7.11.2015)