Junge Frau im professionellen Beratungsgespräch
Die psychischen Probleme von Studierenden können vielfältig sein. Während manche von Prüfungsangst und Leistungsdruck geplagt sind, stresst andere ihre finanzielle Situation.
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Studieren ist nicht für alle Menschen die entspannteste Zeit mit wenig Stress. Viele überfordert an Fachhochschule oder Universität der Arbeitsaufwand – aber auch die eigene finanzielle Situation kann belasten. Oft kommen auch noch private Probleme hinzu, welche die Studienzeit herausfordernd machen.

Der aktuelle Mental Health Barometer von Studo und Instahelp, in dessen Rahmen mehr als 7000 Studierende zu ihrem Wohlbefinden befragt wurden, zeigt, wie zentral das Thema ist: Rund die Hälfte schätzt den eigenen psychischen Gesundheitszustand als weniger gut oder schlecht ein. Vor allem weibliche Studierende gaben an, stark unter mentalen und körperlichen Belastungen zu leiden, weitaus mehr als ihre männlichen Kommilitonen. 81 Prozent gaben an, sich vor allem durch das eigene Studium gestresst zu fühlen.

Neue Initiativen

Wer sein Wohlbefinden im Studium steigern will, hat aber oft nicht die Möglichkeit, entsprechende Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Wartelisten für Therapieplätze sind lang, Coachings für Selbstfürsorge meist kostenintensiv. An einigen Universitäten und Fachhochschulen wächst deshalb mittlerweile das Angebot zur Unterstützung der mentalen Gesundheit. Erst kürzlich veranstaltete die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) die "Student Wellbeing Days". Über zwei Tage hinweg fanden schwerpunktmäßig Workshops und Kurse statt, etwa zur Bewältigung von Prüfungsstress, zu mehr Achtsamkeit und wirksamen Lernstrategien. Das Programm kam vom Student Counselling, einer Stelle, an die sich Studierende mit ihren Sorgen wenden können.

In den "Life Skills"-Workshops ging es um Stress- und Selbstmanagement sowie Aufmerksamkeitstraining. Studierende konnten sich hier Kompetenzen aneignen, um mit den eigenen Emotionen umzugehen. In anderen Kursen zum Thema Ruhe und Erholung sollte mehr Leichtigkeit eingeübt werden, oder man sollte das eigene Nervensystem besser kennenlernen. "Wir haben diese Tage absichtlich Wellbeing Days genannt", sagt Christine Leitl-Kovacic, klinische Gesundheitspsychologin und Fachbereichsleitung für das Student Counselling an der WU. "Denn zu uns kommen zwar viele, die psychisch belastet sind, aber gleichzeitig kann durch präventive Arbeit und persönliche Entwicklung vieles abgefedert werden."

Begonnen habe das Student Counselling kurz vor der Pandemie, heute bemerke Leitl-Kovacic im Vergleich eine höhere Nachfrage nach den Angeboten. Oft sind es Probleme mit der Motivation – aber auch Ängste plagen manche Studierende. Die Schwere der Themen, mit denen die jungen Menschen zu ihnen kämen, würde aber steigen, immer öfter werde auch Psychotherapie empfohlen. Studierende an der WU erhalten fünf kostenfreie Coachingeinheiten und können ansonsten auch bei Gruppenstunden teilnehmen. Das Angebot kann über das ganze Jahr hinweg genutzt werden.

Bewusstsein schaffen

Aber auch an anderen Hochschulen gibt es neue Angebote. An der FH Gesundheit in Innsbruck können Studierende beispielsweise das kostenlose "Mitarbeiter-Coaching und -Beratungsangebot", kurz MBC, in Anspruch nehmen. Das Programm wurde von den Tirol Kliniken bereits im Jahr 2009 im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung der psychischen und mentalen Gesundheit ihrer Beschäftigten gestartet. Als Mehrheitseigentümer der Fachhochschule stellt das Krankenhaus das Angebot auch den Studierenden zur Verfügung. Geboten werden neben individueller Unterstützung, beispielsweise bei Prüfungsangst oder Stressprävention, außerdem Lerncoachings oder Unterstützung beim Zeitmanagement. Aber auch mit persönlichen Themen im privaten oder familiären Umfeld können sich die Studierenden an die Beratungsstelle wenden.

Die FH Campus Wien bietet seit dem letzten Jahr mit "Listen" (Living Interconnected Student Engagement) ein Peer- und Vernetzungsangebot für ihre rund 8000 Studierenden. Ziel des Projekts sei nicht nur, die Gesundheit zu fördern, sondern auch für das Thema psychische Gesundheit im Allgemeinen zu sensibilisieren. Teil des Projekts ist daher auch ein Schulungsangebot für Lehrende, Studiengangsleitungen und administrative Mitarbeitende. "Wir wollen in dieser Gruppe einerseits das Bewusstsein für die studentische Gesundheit stärken und andererseits Strategien im Umgang mit Studierenden in Belastungssituationen vermitteln", sagt Petra Paukowitsch, Ergotherapeutin, Sozialarbeiterin und Projektleiterin von Listen.

Die Peer-Beratung ist eine Anlaufstelle von Studierenden für Studierende, an die sie sich in Belastungssituationen oder mit Fragen wenden können. Bei dem Angebot handele es sich jedoch um keine Therapie, und es könne auch kein Ersatz dafür sein, betont die FH Campus Wien auf Nachfrage. Die Studierenden seien zwar in Gesprächsführung, Krisenintervention und vielem mehr geschult, sie wüssten aber auch, welche Themen ihre Kompetenz übersteigen. Die aktuell laufenden Peer-Beratungen drehen sich hauptsächlich um das Thema Überforderung und Erschöpfung im Studium sowie Energiemanagement, aber auch die familiäre Situation oder berufliche Herausforderungen seien Thema.

Therapieangebote mager

Auch von der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) gibt es einige Angebote, die Studierende nutzen können. Die ÖH Helpline steht allen Studierenden kostenfrei zur Verfügung. Allerdings sieht die Studierendenvertretung einen Mangel an weiterführenden Möglichkeiten.

"Aktuell sehen wir jenseits der Helpline kaum Angebote, die eine tatsächliche Psychotherapie niederschwellig und zu studierendenfreundlichen Bedingungen ermöglichen", sagt Sozialreferentin Katharina Weissenböck. Die Themen wären auch immer unterschiedlicher. Die Pandemie habe gezeigt, dass Angeboten zur Vernetzung und gegen Einsamkeit eine große Bedeutung zukommt. Viele würden in neue Städte ziehen und dort ein vertrautes Umfeld brauchen. Bei leichten Sorgen im Studium kann ein solches schon helfen. (Anika Dang, Melanie Raidl, 13.4.2024)