Bereits Ende März versammelten sich Anhänger Donald Trumps vor dem Trump-Tower in New York, um ihr Idol anlässlich eines Hearings in der Schweigegeld-Causa zu unterstützen.
Bereits Ende März versammelten sich Anhänger Donald Trumps vor dem Trump Tower in New York, um ihr Idol anlässlich eines Hearings in der Schweigegeldcausa zu unterstützen.
REUTERS/Eduardo Munoz

Seit Tagen wirft das Spektakel seinen Schatten voraus. "Am Montag bricht die Hölle los", peitscht Donald Trump seine Anhänger im Netz auf und pöbelt abwechselnd über den angeblich "korrupten" Richter und die "widerlichen" Zeugen. Tatsächlich steht ein historisches Ereignis bevor: Nie zuvor hat es einen Strafprozess gegen einen Ex-US-Präsidenten gegeben.

Video: Darum geht es im Schweigegeld-Prozess gegen Trump.
AFP

Die Szenen rund um das schmuddelige Justizgebäude im Süden von Manhattan werden also in die Geschichtsbücher eingehen – aber wohl kaum als Sternstunde der amerikanischen Demokratie. Acht Jahre liegen die Vorfälle zurück, um die es geht. Allein seit der Anklage sind zwölf Monate verstrichen. Nun wird kurz vor der Präsidentschaftswahl, bei der Trump erneut kandidiert, nicht etwa über die unzähligen Lügen seiner vorigen Amtszeit verhandelt. Auch geht es nicht um seinen Versuch, das Ergebnis der letzten Wahl zu manipulieren, und schon gar nicht um den Sturm auf das Kapitol. Verantworten muss sich der 77-Jährige vielmehr wegen der Fehlbuchung einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin im Vorfeld der vorletzten Wahl.

Nur unverbesserliche Optimisten können behaupten, die Prozesseröffnung belege, dass die amerikanischen Institutionen selbst einen mächtigen Milliardär und Möchtegerndiktator in seine Schranken weisen. Tatsächlich hat es Trump mit juristischen Winkelzügen, verbalen Einschüchterungen und medialen Verleumdungskampagnen geschafft, die wirklich wichtigen Verfahren gegen ihn politisch zu entschärfen und bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu verzögern. Der Auftakt der Verhandlungen zu seiner Dokumentenaffäre ist bis heute nicht terminiert. Die Staatsanwältin in dem Wahlmanipulationsprozess in Georgia scheint durch die Skandalisierung ihrer privaten Liebesaffäre diskreditiert. Und den wichtigen Putschprozess hat Trump mit einer absurden Immunitätsklage in den Schlummerzustand versetzt.

Gericht als Wahlkampfkulisse

Damit sind die Chancen hoch, dass vor der Wahl am 5. November allein das Schweigegeldverfahren abgeschlossen wird. Das ist demokratietheoretisch unbefriedigend. Hinzu kommt: Der in den nächsten Wochen zu verhandelnde Fall ist inhaltlich der schwächste und juristisch der wackeligste. Für eine Verurteilung muss die Staatsanwaltschaft nämlich alle zwölf Geschworenen davon überzeugen, dass Trump seinerzeit die Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar an seine Ex-Affäre Stormy Daniels absichtlich falsch als "Anwaltskosten" verbuchte, um damit einen Verstoß gegen Vorschriften zur Kampagnenfinanzierung zu kaschieren.

Das klingt kompliziert. Eine Verurteilung ist keineswegs sicher. Offensichtlich ist hingegen, dass Trump längst den Spieß umgedreht hat und das Gericht als perfekte Kulisse für seine Opferinszenierung und für Spendenaufrufe einsetzt. Begeistert kaufen seine Hardcore-Anhänger T-Shirts mit dem Fahndungsfoto ihres Idols. Sie werden sich durch eine (theoretisch mögliche) Haftstrafe kaum umstimmen lassen. Doch auch unabhängige Wechselwähler halten laut Umfragen die Schweigegeldaffäre mehrheitlich für nicht sehr schwerwiegend.

Die Gerichte werden eine Wiederwahl von Trump kaum verhindern. Allerdings könnte der manische Egozentriker seine Chancen beschädigen, wenn er sich angesichts der täglichen Termine vor dem Kadi in den kommenden sechs Wochen immer stärker in seinen narzisstischen Kränkungswahn steigert und um sich schlägt. Angesichts der ernsten Weltlage könnten die Fernsehbilder eines wütenden Mannes, der endgültig nichts anderes mehr wahrnimmt als seine eigene Befindlichkeit, während sein Gegenspieler einen Krieg zu verhindern versucht, dem Image des Kandidaten am Ende mehr schaden als der Nachweis einer Straftat. (Karl Doemens aus Washington, 15.4.2024)