Das Bild zeigt einen Auswahlbildschirm von Diney+
Wenn es nach den Verantwortlichen bei Disney geht, könnte der Streamingdienst des Unterhaltungskonzerns bald auch wieder klassische Sendeformate anbieten.
IMAGO/Bernd Feil/M.i.S.

Wer einen oder mehrere Streamingdienste abonniert, hat es in den letzten Monaten nicht einfach gehabt: Mit dem Einstellen des Account-Sharings, zunehmend höheren Abo-Gebühren und zusätzlicher Werbung entfernen sich Netflix, Disney+ oder Amazons Prime Video zunehmend vom Image der Heimkino-Oase auf Knopfdruck.

Wirkte Streaming eine Zeitlang wie eine handfeste Lösung gegen Onlinepiraterie, ist man mit jüngsten Maßnahmen auf gutem Wege, genau das Gegenteil zu bewirken. Man kann es sich fast schon denken: Weil die Anbieter merken, dass genügend Kundinnen und Kunden mitmachen, ist das noch nicht alles.

Disney+ ist keine der zuvor genannten Maßnahmen fremd: Die Preise für das Abo sind seit längerem erhöht, in zahlreichen Ländern ist der Dienst mit dem Ertragen von Werbung "günstiger" zu beziehen – und gegen das Teilen des Accounts will man spätestens im Juni auch vorgehen. In einem weiteren Schritt überlegt man nun offenbar genau das anzubieten, wovor viele Leute ursprünglich eigentlich fliehen wollten: Kanäle wie im linearen Fernsehen.

Bekannter Content, neue Berieselung

Wie "The Information" berichtet, sollen diese Kanäle tatsächlich so konzipiert sein, dass sie das Programmformat des alten Fernsehens imitieren, Werbeunterbrechungen inklusive. Bei Disneys Initiative gehe es aber nicht um Nostalgie oder eine einfache Umkehrung des Digital-first-Ansatzes. Vielmehr handelt es sich um einen strategischen Schritt, der darauf abzielt, die Zuschauerbindung zu erhöhen und die Verweildauer der Abonnenten in der App zu maximieren, um so die potenziellen Werbeeinnahmen zu steigern.

Konkret sieht das Konzept die Schaffung von Kanälen innerhalb des Disney+-Dienstes vor, die genrespezifische oder markenspezifische Inhalte bieten, beispielsweise könnte es einen Superheldenkanal oder einen reinen "Star Wars"-Kanal geben. Zwar haben andere Medienunternehmen zuvor ähnliche Kanäle eingeführt, Disneys Plan ist aber insofern einzigartig, als dass diese Kanäle integraler Bestandteil eines kostenpflichtigen Abonnementmodells wären.

Im Ökosystem eingesperrt

Im breiteren Branchenkontext heißt das nach wie vor: Der Schwerpunkt der Streamingdienste verlagert sich von der reinen Steigerung der Abonnentenzahlen auf die Verbesserung der Rentabilität und der Verweildauer. Ideen, um das einzuzementieren, gehen dafür nicht aus: Netflix soll unterdessen offenbar einen internen Store für den Dienst in Erwägung ziehen, um Abonnements für andere Streamingdienste zu ermöglichen, damit Kundinnen und Kunden die App nicht mehr verlassen müssen – und sich somit weiterhin brav innerhalb des Ökosystems bewegen.

Darüber hinaus wird die Verlagerung hin zur Einbindung traditioneller TV-Elemente in Streamingdienste natürlich auch durch eine gewisse Werbedynamik begünstigt. Werbetreibende fühlen sich zunehmend von den Plattformen angezogen, weil sie ein zielgerichtetes, zahlendes Publikum mit einer längeren Sehdauer kombinieren. Das erinnert stark an die Zeiten des traditionellen Kabelfernsehens, nur die App an sich macht dann noch einen Unterschied aus. (bbr, 16.4.2024)