Die Sommersaison naht. Das hat die britische Zeitung The Telegraph zum Anlass genommen, den Zustand europäischer Strände genauer unter die Lupe zu nehmen. Mithilfe offizieller Daten der Europäischen Umweltagentur (EUA), die die Badegewässerqualität an mehr als 21.000 Standorten überwacht, und anderer Quellen hat man die am stärksten verschmutzten Gestade identifiziert, die in der Nähe von Ferienorten oder beliebten Städtereisezielen liegen.

Plage de la Gravette, Antibes, Frankreich

Schaut gar nicht so schlecht aus und doch hapert es am Plage de la Gravette an der Wasserqualität.
Schaut gar nicht so schlecht aus, und doch hapert es am Plage de la Gravette an der Wasserqualität.
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Während die überwiegende Mehrheit der Strände an der Côte d'Azur laut der Europäischen Umweltagentur eine "ausgezeichnete" Wasserqualität aufweist, wird der Abschnitt um Cap d'Antibes als "ausreichend" respektive "schlecht" eingestuft – insbesondere der beliebte Plage de la Gravette am unteren Ende der Altstadt von Antibes schneidet nicht gut ab. Der Strand ist äußerst populär. Sein Wasser ist allerdings von Felswänden umgeben und kann deshalb nicht gut zirkulieren. Im Juni 2023 mussten die Behörden das Baden hier verbieten, weil das Wasser einen hohen Anteil an Enterokokkenbakterien enthielt, die im Abwasser gefunden wurden.

Die Gemeinde Antibes arbeitet daran, die Verschmutzung der Badegewässer zu stoppen, und deren Qualität hat sich vor der Saison 2024 verbessert. Dennoch: Nach Sturmfluten empfiehlt es sich nach wie vor, lieber im nahegelegenen Juan-Les-Pins baden zu gehen als am Plage de la Gravette, heißt es.

Pellaro Lume, Reggio Calabria, Italien

Reggio Calabria, eine geschäftige Hafenstadt in Süditalien, ist ein zentraler Ort für Transfers nach Sizilien und liegt am Ionischen Meer. Baden ist dort allerdings eine schlechte Idee, warnt der Telegraph. Jeden Sommer gilt entlang des zwölf Kilometer langen Küstenabschnitts ein Badeverbot. Die Europäische Umweltagentur stuft die Wasserqualität an sieben Stränden, darunter der beliebte Pellaro Lume, als "schlecht" ein.

Im Jahr 2019 kam es zu Aufruhr, als Badende, darunter viele Kinder, mit Infektionen aufgrund von Fäkalien-Verunreinigungen im Spital landeten. Der Lösung des Problems wird mittlerweile die höchste Priorität eingeräumt. Dennoch dürfte es länger dauern, bis man alles im Griff hat. Ausweichmöglichkeiten: Nördlich und südlich von Reggio Calabria gibt es einige Strandabschnitte mit "ausgezeichneter" Wasserqualität.

Saint-Michel-en-Grève, Bretagne, Frankreich

Viele der malerischsten Strände der Bretagne leiden seit Jahrzehnten an Grünalgen-Befall. Nitrate im Wasser führen dazu, dass die Algen Schwefelwasserstoff abgeben, wenn sie zu zerfallen beginnen. Dieses giftige Gas kann Kopfschmerzen, Übelkeit und Augenreizungen verursachen und wird auch mit dem Tod von Menschen und Tieren in der Region in Verbindung gebracht. Das ist der Grund, warum die Wasserqualität am Sandstrand von Saint-Michel-en-Grève seit 2021 durchgängig als "schlecht" eingestuft wird.

Die französische Regierung und die lokalen Behörden versuchen, das Problem anzugehen, indem sie etwa eine Million Euro pro Jahr für die Beseitigung der Algen ausgeben, berichtet The Telegraph. Sie werden jedoch dafür kritisiert, dass sie nicht genug tun würden: Strandschließungen sind nach wie vor an der Tagesordnung. Es gibt jedoch Orte an der Küste der Bretagne, an denen man den Algen entfliehen kann, darunter Saint-Malo. Dort bewertet die EUA die Wasserqualität als "ausgezeichnet".

Lido Olimpo, Sizilien, Italien

Während sich die Stadt Palermo zu einem aufstrebenden Reiseziel entwickelt hat, hat die Wasserqualität an ihren Stränden stark abgenommen. In den vergangenen fünf Jahren ist sie an rund der Hälfte des 17 Kilometer langen Abschnitts zwischen Mondello und Ficarazzi gesunken und wurde vom EUA-Prädikat "ausgezeichnet" auf "ausreichend" herabgestuft. Die Strände Messina Marine und Lido Olimpo werden sogar nur als "mangelhaft" eingestuft.

Der Bürgermeister von Palermo verhängt häufig Badeverbote wegen Fäkalbakterien im Abwasser sowie möglicher Grundwasserverschmutzung durch Mülldeponien. Mittlerweile wurden die Abwassersysteme umgebaut und die Strände gereinigt. Bis sich die Wasserqualität erholt, wird es aber noch dauert. Deshalb sollte man lieber Strände nördlich und südlich von Palermo aufsuchen, die eine hervorragende Wasserqualität aufweisen, darunter Fondachello, rät The Telegraph.

Praia do Camilo, Algarve, Portugal

Im Jahr 2020 wurde in Camilo und Batata nahe der Stadt Lagos an der Südküste Portugals die rote Flagge gehisst und das Schwimmen verboten, nachdem festgestellt wurde, dass das Wasser durch Koli-Bakterien verunreinigt war. Im Sommer 2023 warnte eine portugiesische Umwelt-NGO, dass sich die Qualität des Wassers in Portugal verschlechtert habe: An 28 Stränden an der Küste galten Badeverbote (gegenüber 21 im Jahr 2022).

Interessanterweise gilt der Praia do Camilo bei manchen Touristinnen und Touristen als Geheimtipp. Dabei ist die Qualität seines Wassers durch die Nähe zu Lagos und die unkontrollierte Abwasserentsorgung beeinträchtigt. Östlich von Lagos, am Meia Praia, einem vier Kilometer langen Sandstrand, schaut die Sache besser aus. Dort hat sich die Wasserqualität nämlich deutlich verbessert. Die EUA bewertet sie mit "ausgezeichnet".

Playa del Forum, Barcelona, Spanien

Wärmekraftwerks, Müllverbrennungsanlage und Kläranlage: Die Kulisse der Playa del Forum ist nicht unbedingt einladend. Dennoch ist der Strand am Stadtrand von Barcelona ein beliebter Badeort bei Einheimischen sowie Touristinnen und Touristen. Die EUA sieht das allerdings anders: Seit vier Jahren fordert die Umweltagentur die Schließung des Strandes wegen seiner bescheidenen Wasserqualität. Doch sie stößt bei den Katalanen auf taube Ohren. Die behaupten, ihre eigenen Analysen gäben keinen Grund zur Beanstandung, außer vielleicht nach Regenfällen.

Man ist in diesem Fall gut beraten, sich nach Alternativen umzusehen. Und davon gibt es in Barcelona einige. Etwa die Playa de Sant Sebastià, die Playa del Bogatell und die Playa de la Mar Bella. Sie haben, ganz amtlich, eine "ausgezeichnete" Qualität.

Die gute Nachricht zum Schluss: Laut EUA erfüllen über 95 Prozent der 21.000 überwachten europäischen Badeplätze die von der EU festgelegten Mindeststandards. (red, 24.4.2024)