Forscherin in einem Labor
Seit Jahren forschen Expertinnen und Experten an wirksamen Mitteln gegen Krebs. In Einzelfällen können Arzneimittel dann im Schnellverfahren zugelassen werden.
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Unter bestimmten Bedingungen können etwa die Food und Drug Administration (FDA) in den USA und die Europäische Arzneimittel-Agentur im Schnellverfahren zulassen. Das geschieht dann oft bereits auf Basis von kleinen Studien zu Arzneimitteln und noch ohne Daten aus großen Untersuchungen zur Wirksamkeit. Für eine reguläre Zulassung werden später Informationen aus größeren Studien nachgereicht.

Das Ganze passiert meist auf Basis von ethischen Argumenten: Man könne Patientinnen und Patienten, die sonst keine guten Behandlungschancen haben, neue und womöglich wirksame Therapien nicht länger vorenthalten.

Genau diese Überlegungen kommen vor allem auch bei Krebsmedikamenten zum Tragen. Bei weltweit steigenden Zahlen von onkologischen Erkrankungen sind Krebsmedikamente von entscheidender Bedeutung für die Betroffenen. Doch die Praxis der möglichst schnellen Zulassung neuer Mittel erscheint zweifelhaft. 41 Prozent der Krebsmedikamente, die zwischen 2013 und 2017 in den USA per beschleunigtem Verfahren auf den Markt kamen, haben die Erwartungen nicht erfüllt, hat jetzt eine Studie ergeben.

Wie groß ist der Nutzen wirklich?

Ian Liu von der Abteilung für Pharmaepidemiologie und seine Kolleginnen und Kollegen, alle von der weltweit angesehenen Harvard Medical School in Boston in den USA, haben in ihrer wissenschaftlichen Untersuchung eine einfache Frage gestellt: "Wie groß ist der klinische Nutzen von Krebsmedikamenten, die beschleunigt zugelassen worden sind, und auf welcher Basis wurde die (vorläufige, Anm.) Zulassung schließlich in eine reguläre umgewandelt?"

Liu und die anderen beteiligten Forscherinnen und Forscher haben sich das für Krebsmedikamente angesehen, die in den USA nach einem abgekürzten Verfahren von der FDA eine vorläufige Freigabe erhalten hatten. Das Ergebnis: "In dieser Kohortenstudie mit Krebsmedikamenten, die zwischen 2013 und 2017 eine beschleunigte Zulassung erhielten, verbesserten 41 Prozent (19 von 46) nicht die Überlebensrate oder die Lebensqualität in den folgenden Bestätigungsstudien mit mehr als fünf Jahren Beobachtungszeit. Für 15 Prozent der Medikamente (sieben von 46) gab es dazu keine Informationen. Bei 60 Prozent der Medikamente, die schließlich regulär zugelassen wurden (29 von 48), beruhte das ausschließlich auf Surrogatmarkern." Letzteres bedeutet, dass wiederum nicht die entscheidenden Kriterien wie Lebensverlängerung oder Verbesserung der Lebensqualität dafür verantwortlich waren, sondern Ersatzmarker, die einen positiven Effekt bloß wahrscheinlich machten.

Insgesamt wurden von der US-Arzneimittelbehörde FDA zwischen 2013 und 2023 129 Krebsmedikamente im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens vorläufig zugelassen. Von den 46 mit mehr als fünf Jahren Beobachtungszeit wurden schließlich knapp zwei Drittel regulär zugelassen, jedes fünfte wieder vom Markt genommen. Weniger als die Hälfte bewährte sich in den nachfolgenden Bestätigungsstudien. (APA, poem, 10.5.2024)